Unser Couchsurfer in Moskau hatte uns die Nacht wieder
allein gelassen, um Taxi zu fahren und dann zu seiner Freundin zu gehen. Wir
hatten ausgemacht, ihm den Schlüssel dann morgens vor unserer Abfahrt
vorbeizubringen.
Nach einigem Suchen und 50 km Strecke durch die Stadt finden
wir endlich die Wohnung, werden den Schlüssel los und fahren weiter Richtung
Nizny Novgorod. Leider ist auf der M7 stadtauswärts dermaßen viel Verkehr, dass
wir nicht wirklich gut vorankommen.
Abends beschließen wir, abseits von der Straße an einem
Fluss zu zelten. Schon als wir den Platz anfahren, stellen wir fest, dass die
Strecke wohl das Sudelfeld und Motocross-Gebiet der örtlichen Jugend ist, die
hier mit alten Ladas und Mopeds ihre Runden im Gelände drehen. Zu
fortschreitender Stunde wird es jedoch zum Glück ruhiger, und wir kochen unser
Abendessen.
Als wir unsere Motorräder noch etwas anders abstellen
wollen, springt Daniels Enfield auf einmal wieder nicht mehr an. Mist, das
Problem schien doch behoben! Mehr als Übersprungshandlung wackelt er nochmal an
den Batteriekontakten, und schwupp, läuft das Ding wieder… Teufelszeug, die
Kontakte hatte er doch schon in Moskau abgebaut und gereinigt?
Mittlerweile tut sich jedoch ein ganz anderes Problem auf:
Die ganze Gegend ist regelrecht moskitoverseucht! Ich bin ja so einiges von
Schottland, Norwegen und Südostasien gewohnt, aber diese Viecher stellen mit
Größe und Anzahl alles fast sprichwörtlich in den Schatten. Wir flüchten uns so
schnell wie möglich ins Zelt, wo die Biester zum Glück nicht hinkommen. Sie
machen jedoch noch einen Heidenlärm unter dem Überzelt, sodass es permanent
klingt, als würde es regnen.
Russland - endlose Weiten |
Recht schnell bemerken die Jungs, dass ich auch für den Supersonderpreis von 100 Dollari nicht gewillt bin, ein neues Handy zu kaufen. Sie beginnen, sich äußerst genau für die Motorräder und das Gepäck zu interessieren. Nicht sicher, ob sie nur Interesse an den Fahrzeugen oder vielmehr an meinem GPS am Lenker haben, bleibe ich besser wachsam. Der eine will noch ein Foto von sich auf meiner Maschine machen, danach zieht die Truppe wieder ab.
Nach Nizny Novgorod und verlassen wir die M7 auf eine
kleinere Fernstraße. Der Unterschied ist deutlich spürbar: Die Straße ist ein
bisschen schlechter, es herrscht weniger Verkehr, dafür gibt es
abwechslungsreichere Landschaft und mehr Kurven! :D
Allzu viel passiert den Tag nicht mehr, außer dass ich bei jedem Tankstopp die Enfield quer über den Platz schieben muss, damit sie wieder anspringt.
Abends zelten wir wieder abseits von der Straße, und auch hier haben wir dasselbe Problem mit den Mücken. Diesmal versuchen
Allzu viel passiert den Tag nicht mehr, außer dass ich bei jedem Tankstopp die Enfield quer über den Platz schieben muss, damit sie wieder anspringt.
Abends zelten wir wieder abseits von der Straße, und auch hier haben wir dasselbe Problem mit den Mücken. Diesmal versuchen
wir zwar, die Viecher mit
dem Rauch eines Lagerfeuers zu vertreiben, was aber nur bedingt funktioniert.
Donnerstags verlassen wir auch die Fernstraße und fahren
über einige Käffer nach Osten Richtung Perm. Laut Karte sollten wir nach
einiger Zeit wieder auf eine Fernstraße, diesmal die P242, kommen.
Tatsächlich zeigen an der richtigen Stelle Schilder nach Perm, und wir biegen von der guten Teerstraße ab auf die Mutter aller Schotterpisten. Die sieht nun wirklich nicht aus wie die in der Karte versprochene Fernstraße, und nach ein paar Kilometern endet sie an einer Schranke vor einem Fluss.
Tatsächlich zeigen an der richtigen Stelle Schilder nach Perm, und wir biegen von der guten Teerstraße ab auf die Mutter aller Schotterpisten. Die sieht nun wirklich nicht aus wie die in der Karte versprochene Fernstraße, und nach ein paar Kilometern endet sie an einer Schranke vor einem Fluss.
Laut Einheimischen gab es hier mal eine Fähre, die existiert
allerdings nicht mehr. Brücke gibt es auch keine, also bleibt uns nichts
anderes übrig, als umzudrehen und einen erheblichen Umweg nach Süden zur M7
einzuschlagen.
Da es nun schon recht spät geworden ist, fahren wir kurz vor
Erreichen der Autobahn in einen Feldweg ab und suchen uns einen Schlafplatz.
Obwohl diesmal kein Gewässer weit und breit zu sehen ist, werden wir auch hier
wieder von Mücken terrorisiert… es ist echt kaum auszuhalten. Wieso zum Henker
legen die Leute nicht mal ihre Sümpfe trocken?
Am nächsten Morgen wollen wir eigentlich früh los, um noch
Perm zu erreichen und mit etwas Glück wieder einen Couchsurfer zu finden. Der
einsetzende Regen hat jedoch den Feldweg in eine Schlammpiste verwandelt und zu
allem Überfluss springt die Enfield wieder nicht an. Wir schieben sie genervt
durch den Schlamm, bis sie sich endlich bequemt.
Wir rutschen und schlittern mit den Motorrädern durch den Dreck in Richtung befestigte Straße, als Daniel plötzlich vor mir stehen bleibt. Seine Enfield bequemt sich nicht mehr von der Stelle, trotz eingelegtem Gang dreht sich kein Rad. Er hat es tatsächlich geschafft, seine Kupplung auf hundert Metern schlammigem Feldweg zu zerstören… wow!
Wir rutschen und schlittern mit den Motorrädern durch den Dreck in Richtung befestigte Straße, als Daniel plötzlich vor mir stehen bleibt. Seine Enfield bequemt sich nicht mehr von der Stelle, trotz eingelegtem Gang dreht sich kein Rad. Er hat es tatsächlich geschafft, seine Kupplung auf hundert Metern schlammigem Feldweg zu zerstören… wow!
Mit Müh und Not schieben wir das Ding die restlichen Meter
durch den Dreck auf festeren Boden. Etwas ratlos überlegen wir noch, ob wir
hier im Dreck und Regen versuchen sollen, die Kupplung auszutauschen, da kommt
plötzlich jemand zu Fuß vorbei. Etwas weiter unten im Tal liegt offensichtlich
ein Dorf, und bevor der Typ im herbeigerufenen Taxi verschwindet, telefoniert
er uns von dort noch Hilfe herbei.
Nach einiger Zeit tauchen zwei Gestalten mit ein paar lose
in einen alten Ölkanister geworfenen Werkzeugen auf und beginnen damit, das
Moped mehr oder weniger sanft zu zerlegen. Daniel meint, man müsse auf der
rechten Seite das Getriebe demontieren, bevor man an die Kupplung komme. Die
Jungs scheitern jedoch (zum Glück, wie sich später zeigt) daran, die Welle zu
entfernen und das Getriebe zu öffnen.
Man beschließt also, das Moped durch den Dreck runter ins Dorf zu schieben. Daniel macht sich mit den beiden vom Acker, während ich auf die Koffer und meine Maschine aufpasse. Erstens würden wir schwerlich die vollbeladene Enfield da runter schieben können, zweitens habe ich kein Bedürfnis danach, über eine abschüssige Matschpiste mit meinem Moped runter zu schlittern.
Man beschließt also, das Moped durch den Dreck runter ins Dorf zu schieben. Daniel macht sich mit den beiden vom Acker, während ich auf die Koffer und meine Maschine aufpasse. Erstens würden wir schwerlich die vollbeladene Enfield da runter schieben können, zweitens habe ich kein Bedürfnis danach, über eine abschüssige Matschpiste mit meinem Moped runter zu schlittern.
Ich mache mich also daran, meine Maschine zu reinigen. Jetzt
zeigt sich erst, in was für einem Teufelszeug wir hier strecken geblieben sind:
Das ist keinesfalls normaler Matsch, sondern vielmehr Lehm, der sich überall
festsetzt und stabiler wird, je mehr er trocknet. Ich muss einige Teile
demontieren, um den Dreck zu entfernen damit sich das vordere Ritzel wieder
frei drehen kann.
Wie eine Motorradkette nicht aussehen sollte... |
Schließlich biegt ein Auto in den Weg ein und Daniel steigt
zusammen mit zwei Leuten aus dem Dorf aus. Sie waren beim Dorflehrer, der etwas
Deutsch kann und gedolmetscht hat. Nun wollen sie alles einladen und unten im
Dorf versuchen, die Enfield wieder zum Laufen zu bekommen. Der Weg ist zum
Glück abgetrocknet, also komme ich mit meiner Maschine gut den Berg runter. Im
Hinterhof der beiden, die mich abgeholt haben, ist schon ein Pulk Leute
versammelt, die allesamt helfen wollen (oder zumindest so tun, als ob).
Zwischen Hühnern und den Teilen eines alten Jeeps stehen sicher fünf Leute ums
Moped rum. Nachdem wieder sämtliche Schalthebel demontiert wurden, kommt einer
auf die Idee, mal den Kasten links unten an der Enfield aufzuschrauben. Violà,
hier steckt die Kupplung! Kommentare bezüglich „wie gut sollte ich mein Gefährt
kennen, bevor ich mit ihm durch Russland fahre“, verkneife ich mir jetzt…
Bis spät in die Nacht versuchen alle, irgendwie die neuen
Kupplungsschreiben zu montieren, doch vergeblich. Sie scheinen um einiges
breiter als die alten Scheiben, und sobald sie alle montiert haben, geht der
Kupplungskasten nicht mehr zu. Daniel und ich können nur fassungslos zuschauen,
uns lässt man gar nicht in die Nähe der Baustelle.
Schrauben im Hinterhof |
Irgendwann nach Einbruch der Dunkelheit geben sie
schließlich auf. Wir werden ins Haus bugsiert und an den reich gedeckten
Küchentisch gesetzt. Hier finden wir raus, dass die beiden, die uns abgeholt
haben, Brüder sind. Wir sind im Haus der Mutter, die uns bekocht und anschließend
ein Bett für die Nacht herrichtet. Wir schlafen anscheinend in ihrem Zimmer,
während sie und die Jungs auf Betten im Wohnzimmer unterkommen.
Das Haus wie auch das Dorf sind fast wie aus einer anderen
Zeit. Es gibt keine geteerten Wege, überall rennen Hühner, Kühe und Schweine
rum, und das Wasser wird im Dorfbrunnen geholt. Der Hühnerstall im Hinterhof
dient als Toilette, größere Geschäfte werden über einem Loch im Boden hinter
einem Verschlag verrichtet. Im Haus selbst ist alles krumm und schief, die Dielen
knarren und die wenigen Türen sind so verzogen, dass sie nicht mehr ordentlich
schließen.
Nach einer kurzen, aber warmen und mückenfreien Nacht machen
wir uns wieder ans Schrauben. Diesmal sind zum Glück nur noch die beiden Jungs
und wir anwesend, was das Ganze etwas vereinfacht. Zunächst probieren wir, eine
Kupplungsscheibe wegzulassen, damit der Kasten ordentlich schließt. Da die
Enfield (natürlich) mal wieder nicht anspringt, schieben wir sie mehrmals einen
steilen Berg rauf um sie anrollen zu lassen. Doch vergeblich – die Kupplung hat
keinen Griff und sie springt nicht mal an.
Die beiden Jungs müssen zur Arbeit nach Kazan, und wir
bleiben alleine zurück. Zuvor schicken sie uns doch den wohl Einzigen im Dorf,
der ein Laptop samt UMTS Stick besitzt, damit wir evtl. den Konstrukteur der
Diesel-Enfield kontaktieren und um Rat bitten können. Eins der
Probleme, wenn man eine Maschine hat, von der es in dieser Form deutschlandweit
nur acht Stück gibt – keiner weiß irgendwas darüber, es gibt keine
Schrauberbücher, Erfahrungsberichte, Anleitungen…
Die Internetverbindung funktioniert mehr schlecht als recht,
und so versuchen Daniel und ich nochmal, die Kupplung zu demontieren und neu
anzubauen. Diesmal zieht Daniel die Schrauben der Kupplung bombenfest an, und
tatsächlich – nun geht auch der Kupplungskasten zu! Wir füllen nun zum sicher
vierten Mal das neue Öl ein und wagen eine Probefahrt. Alles funktioniert
perfekt! Das am vorherigen Abend war wohl ein Paradebeispiel für „Viele Köche
verderben den Brei“…
Da wir gerade vor einer ganz akzeptabel ausgestatteten
Werkstatt sitzen, machen wir gleich weiter. Wir wechseln endlich das Motoröl,
das ich seit Moskau spazieren fahre und reinigen die Kette, was nach dem
Schlammbad dringend nötig ist.
Im Vordergrund: Abendessen |
Bei einer Probefahrt merke ich, dass sich mein Vorderrad
kaum noch dreht. Der Schlamm ist nun unter dem eng anliegenden Spritzschutz
getrocknet und blockiert das Rad fast völlig. Da alles so fest sitzt, dass ich
den Spitzschutz nicht demontieren kann, muss ich schließlich das Vorderrad
ausbauen, um den Dreck entfernen zu können. Sehr spassig, wenn man alleine ist
(weil der zweite Mann ja das Hinterrad runterdrücken muss) und irgendwie die
Tachowelle und das Rad wieder an die richtige Position bugsieren muss, damit die
Achse durch passt…
Gegen Abend sind die Maschinen wieder einsatzbereit und auch
die Jungs sind mit einigen Kanistern Bier im Schlepptau von Kazan
zurückgekehrt. Nach einer Fotosession mit der Familie und den Nachbarn setzen
wir uns alle zusammen in die Hofecke und trinken das Bier aus Mutters guten
Porzellantassen. Wir unterhalten uns mit Händen, Füßen und nicht zuletzt
mithilfe von Block und Stift, trotzdem ist die Stimmung super. Etwas
angeheitert wollen die Jungs nun noch ein paar Fotos von sich auf den
Maschinen, was auch wieder sehr unterhaltsam wird.
Zu Bier muss Fisch sein! |
Gegen Mitternacht ist zum Glück Feierabend – hier im Dorf
herrschen wohl normale Zeiten. Wir bekommen wieder Kost und Logie und dürfen am
Sonntag lange ausschlafen.
In Fischen/Allgäu wär das nicht passiert! ;-)
AntwortenLöschenGenau. In Fischen wäre es unvorstellbar, dass jemand zwei wildfremde Ausländer für zwei Tage kostenlos beherbergt und ihr Motorrad repariert...
Löschenich würd ja gern mal sehen wie eure gastgeber auf die mopeds gekommen sind und n Gruppenbild mit Mama.
AntwortenLöschenSehr unterhaltsam Übrigens (für uns)
Mußt ja schon Oberschenkel wie GOZZILLA haben wenn du dauernd schieben mußt ;-)
und grüße auch an deinen mitGENOSSEN
Seit der Reparatur im Hinterhof, einmal alle Kontakte abschleifen und fremdstarten vom KFZ springt sie (bis jetzt) ohne zu mucken an... blöd, und das gerade, nachdem wir den Deal "ein Bier pro Anschieben" festgemacht hatten :D
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