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Donnerstag, 21. Juni 2012

Perm und Gulag-Museum "Perm 36"


Wir starten gerade noch rechtzeitig, um vor dem Einsetzen des Regens die Matschpiste und den Ort hinter uns zu lassen. Trotzdem schüttet es den ganzen Tag wie aus Eimern, deshalb beschließen wir, einmal nicht zu campen sondern uns in Izhevsk ein Zimmer zu nehmen.
Für 30 € bekommen wir ein recht großes Zimmer, in dem wir unsere dreckige Ausrüstung etwas putzen und mit Wasserkocher und Mikrowelle sogar ein Abendessen fabrizieren können.

Tags darauf geht es bei gutem Wetter weiter nach Perm, wo wir uns schon Couchsurfer organisiert haben. Direkt nach dem Start geht aber natürlich wieder etwas schief: Ich fahre vorneweg, als ich direkt nach der Ortsausfahrt bemerke, dass Daniel hinter einer Absperrung stehen geblieben ist. Durch den Zaun kann ich nicht genau erkennen, was los ist, deshalb wende ich, um zu ihm zurück zu fahren. Da die Straße eine Mittelleitplanke hat, muss ich ein Stück außen rum fahren, und als ich an die Stelle komme, sind Daniel und Enfield auf einmal verschwunden.
Über den Funk meldet er sich nicht und auch ans Handy geht niemand, deshalb fahre ich nochmal zurück bis zur Herberge. Als ich ihn partout nirgendwo finden kann, fahre ich wohl oder übel auf die Magistrale nach Perm, in der Hoffnung, ihn irgendwo auf dem Weg einzuholen. 

Als ich ihn nach einigen Stunden immer noch nirgendwo sehe, versuche ich es nochmal auf dem Handy. Endlich erreiche ich ihn – er hat irgendwo die Ausschilderung auf die Magistrale übersehen und ist auf einer Schotterpiste gelandet. Wir beschließen, uns in Perm zu treffen. Bis dahin genieße ich es, einmal meine eigene Geschwindigkeit zu fahren. Vor den Polizeikontrollen wird man recht zuverlässig vom Gegenverkehr mit Lichthupe gewarnt, außerdem sind die Polizeiautos am Straßenrand meist gut zu erkennen, sodass man rechtzeitig abbremsen kann.

In Perm angekommen, versuche ich wieder, Daniel zu erreichen. Ich schicke ihm eine SMS, die wie sich später herausstellt erst einen Tag später ankommt… Nach einiger Zeit höre ich zwar  im Funk, kann aber kaum ein Wort verstehen. Ich drehe ein paar Runden in der Hoffnung, irgendwo besseren Empfang zu haben, doch keine Chance. Schließlich gebe ich auf und fahre zu den Couchsurfern. Dort angekommen, kommt eine Nachricht von ihm, dass er auch auf dem Weg dahin sei. Na zum Glück hat das letzten Endes doch geklappt! Wir stellen fest, dass wir aufgrund eines Zeitzonenwechsels zwei Stunden zu spät dran sind… ist doch immer wieder verwirrend in diesem Land!

Unsere Gastgeber, eine WG mit zwei Mädels, erweisen sich als angenehm unkompliziert. Wir verbringen den nächsten Tag mit ausschlafen, gammeln und surfen. Erst tags darauf haben wir wieder genug Schwung, uns nochmal der Enfield-Kupplung zu widmen. Wie sich herausstellt, haben wir die Kupplung doch falsch zusammengesetzt, weil die neuen Scheiben tatsächlich anders eingebaut werden müssen als die alten. Oder waren die alten Scheiben etwa von Anfang an falsch montiert? Das würde eventuell erklären, weshalb die Kupplung so schnell verschlissen war… Also neues Kupplungsöl gekauft und die ganze Sauerei kann wieder von vorn losgehen – diesmal hoffentlich zum letzten Mal!

Abends wollen wir uns bei unseren Gastgebern etwas revanchieren, indem wir Kässpatzen machen. Das einzige Problem: Wie macht man Spatzen ohne Spätzlereibe bzw. Spätzlesieb? In einem Supermarkt finden wir schließlich eine Frisbee, in die wir mit einem heißen Schraubenzieher Löcher schmelzen. Die Idee ist gut, nur leider sind die Löcher zu klein und die Frisbee zu instabil… letzten Endes müssen die Spätzle „von Hand“ vom Brett geschabt werden. Das Ergebnis ist zwar nicht ganz so gut wie mit dem richtigen Werkzeug, aber eindeutig gut essbar.
Schöner Flussabschnitt auf dem Weg zu Perm 36

An unserem letzten Tag in Perm besichtigen wir noch das Gulag-Museum „Perm 36“. Das Museum ist etwas mehr als 100 km von Perm entfernt auf dem Gelände eines ehemaligen Gulags. Es ist das einzige erhaltene Gulag im gesamten Gebiet der ehemaligen Sowjetunion, doch der Staat hat keinerlei Interesse daran, diese Vergangenheit irgendwie aufzuarbeiten. Das Museum wird von einer privaten Organisation betrieben, der ganz offensichtlich das Geld fehlt. Auf dem Gelände gibt es kaum etwas zu sehen, und die wenigen Schautafeln sind ausschließlich auf Russisch.

Fünf Reihen Zäune umgeben das Gulag
Am Abend gehen wir noch mit unseren Gastgebern in eine Karaoke-Bar. Es gibt tatsächlich zwei deutsche Lieder zur Auswahl – beide von Rammstein. Schön zu sehen, dass die deutsche Musikkultur im Ausland würdig vertreten ist! Wir versuchen uns an allen möglichen englischen Liedern, während unsere Couchsurferinnen erstaunlich talentiert russische Songs zum Besten geben. Der  Kellner wünscht sich noch, dass wir „Wind of Change“ singen – offensichtlich ein sehr beliebtes Lied hierzulande.

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