Nach einem recht faulen Wochenende in Irkutsk treffen wir
Montagnachmittag Nico vor der mongolischen Botschaft. Zusammen fahren wir raus
aus der Stadt und über eine schön kurvige Passstraße zum südlichen Ende des
Baikalsees. So eine tolle Strecke hatten wir schon seit 10.000 km nicht mehr,
und ausgerechnet jetzt regnet es und ich habe eine Person mehr hintendrauf!
Na ja, auf dem Rückweg werde ich die Kurven genießen können…
Na ja, auf dem Rückweg werde ich die Kurven genießen können…
Wir campieren in der Nähe eines Flusses, so können wir unser
Trinkwasser sparen und haben genug Wasser zum kochen. Diesmal ist der Platz
sogar weitestgehend mückenfrei, weshalb ich beschließe, mal in der Hängematte
zu nächtigen statt im Zelt. Wozu fährt man das Ding denn tausende Kilometer
spazieren?
Die Nacht ist wider Erwarten recht warm und bequem – für baumreiche Länder ohne Moskitos wäre das Ding eine echte Alternative!
Die Nacht ist wider Erwarten recht warm und bequem – für baumreiche Länder ohne Moskitos wäre das Ding eine echte Alternative!
Am nächsten Tag starten wir rechts spät und fahren entlang
des Baikalsees bis Ulan Ude zum Lebensmittel nachfüllen. Eigentlich wollen wir
recht bald nach der Stadt zelten, doch die Landschaft verändert sich langsam
komplett. Während es in Zentralrussland noch Ebene und endlose Wälder gab,
sieht es hier nun echt schon „mongolisch“ aus mit langgezogenen baumfreien
Hügeln und Steppe. Nach einigem Suchen finden wir einen schönen Platz am Fluss,
der leider komplett mückenverseucht ist. Wir fahren stattdessen über die Steppe
etwas weiter den Berg hoch, wo eine leichte Brise die Viecher vertreibt.
Mit Bier, Schaschlik und Lagerfeuer wird der Abend bei guter Aussicht richtig gemütlich.
Mit Bier, Schaschlik und Lagerfeuer wird der Abend bei guter Aussicht richtig gemütlich.
Tags darauf geht es zur russisch-mongolischen Grenze. Hier
treffen wir auf ein schwedisches Pärchen, das mit zwei BMW 1200 GS unterwegs
ist. Sie wollen die Mongolei durchqueren und haben extra Stollenreifen
aufgespannt. Wir stehen zusammen das wirklich komplizierte und verwirrende
Grenzprocedre durch. Gut vier Stunden rennen wir von Schalter zu Büro zu Schalter,
bis endlich wir und unsere Maschinen die Erlaubnis haben, in die Mongolei
einzureisen. An der abschließenden Kontrolle fehlt Daniel und mir noch ein
Stempel auf einem furchtbar wichtigen Zettel, weshalb wir nochmal zurück müssen
und diesen gegen Abgabe eines anderen furchtbar wichtigen Zettels erhalten.
Da es nun schon relativ spät ist, kaufen wir kurz noch ein
paar Vorräte und suchen uns zusammen mit den Schweden einen Campingplatz. Wir
müssen uns endgültig von den gut geschützten Campingplätzen, wie man sie in
Russland überall gefunden haben, verabschieden, finden allerdings noch einen
ganz akzeptablen Platz in einer Baumgruppe unweit der Straße.
Leider ist unser Wasservorrat sehr begrenzt, deshalb
entschließe ich mich, noch ein paar Kilometer zur nächsten Stadt zu fahren und
dort noch etwas Wasser zu kaufen oder aus dem Fluss zu nehmen. Leider entpuppt
sich der auf der Karte verzeichnete Fluss als Sumpfgebiet, und Geschäft finde
ich auch keins. Ich will mich gerade auf den Rückweg machen, da höre ich ein
seltsames Geräusch aus Richtung des Hinterreifens. Ich schaue runter und sehe,
dass der Reifen erheblich Druck verloren hat. Ganz toll, die Koffer mit
Werkzeug und Schlauch liegen im Camp, telefonisch ist dort keiner zu erreichen,
weil Nico nur eine russische Simkarte hat und Daniels Handy seit Wochen kaputt
ist. Mit Müh und Not wackele ich zur nächsten Tankstelle und frage nach einer
Werkstatt. Allerdings muss ich feststellen, dass hier kaum einer Russisch oder
gar Englisch kann, und dass sich Mongolisch einfach verboten seltsam anhört.
Ich schiebe zur nächsten Tankstelle, wo ein Reifen auf dem
Dach des Gebäudes auf eine Werkstatt hinweisen könnte und bin enttäuscht von
der mangelnden Hilfsbereitschaft der Mongolen. In Russland hätte sicher sofort
jemand angehalten…
Leider hat die Werkstatt zu und auch die Frau an der
Tankstelle kann mir nicht weiterhelfen, deshalb lasse ich das Motorrad stehen
und mache mich auf Schusters Rappen auf zum 10 Kilometer entfernten Camp. Ich
versuche mein Glück mit Trampen, und tatsächlich wendet nach wenigen
Augenblicken neben mir ein LKW. Die Beifahrerin fragt in ziemlich rudimentärem
Englisch, was mit meinem Motorrad sei. Ich erkläre mein Malheur und die beiden
fahren mich zurück zum Camp. Hier erwische ich gerade noch Daniel, der
aufbrechen wollte um mich zu suchen. Wir packen unser Werkzeug ein und fahren
gemeinsam zurück zum Moped.
Wir versuchen zuerst unser Glück mit Pannenspray, das
angeblich kleine Löcher im Schlauch verschließen kann, doch vergeblich. Die
Brühe läuft einfach durch das Loch wieder aus dem Reifen. Inzwischen hat sich
ein junger Kerl mit einer kleinen Offroad-Maschine eingefunden, der mir
anbietet, mich mitsamt Reifen zu einer Werkstatt zu fahren.
Wir bauen fix das Hinterrad aus und mit dem Ding unter dem
Arm setze ich mich hinten auf seine Enduro. Leider kann die Werkstatt nur
schlauchlose LKW-Reifen mit ihrer Maschine abziehen, deshalb fahre ich mit
einer anderen Frau, die auch an der Tankstelle war und nun zur Werkstatt
nachgekommen ist, zurück zur Tankstelle.
Hier demontieren der Tankwart und der Endurofahrer mehr oder
weniger fachmännisch meinen Mantel und wir ziehen den Reserveschlauch ein. Beim
Versuch, den Mantel wieder an seine ursprüngliche Position zu bringen, schlagen
sie zwar eine tiefe Kerbe in meine Felge, doch am Ende sind sie doch
erfolgreich. Nach dem Anpassen des Ventils ist alles wieder im Lot und zum Dank
will jeder mal hinten drauf mitfahren.
Auf die Helme verzichten wir in der Eile, und so rasen wir
mit 120 km/h ohne Helm durch die nächtliche Stadt. Danach tausche ich mit dem
jungen Endurofahrer für eine Runde die Motorräder. So ein leichtes Ding fährt
sich zwar lustig, aber im Endeffekt ist mir meine Susi doch echt lieber.
Nach gut einer Stunde Mopeds testen, quatschen und Zedernüsse
kauen (die Dinger sind anscheinend mongolisches Grundnahrungsmittel)
verabschieden wir uns schließlich und fahren zurück zum Camp. Es ist bereits
Mitternacht, doch Nico ist immer noch wach und hat sogar mit dem Essen auf uns
gewartet. Schnell kochen wir Nudeln und essen ein spätes Abendessen.
Ich hatte zuvor mal wieder die Hängematte aufgespannt und
diesmal sogar ein Moskitonetz darüber gehängt. Im Laufe der Nacht verirren sich
jedoch immer mehr Viecher und Mücken unter das Netz und zerstechen mich tierisch.
Auf welchem Weg sie reingekommen sind weiß ich bis jetzt nicht… vielleicht
waren sie auch einfach nur so klein, dass sie durch die Maschen gepasst haben.
Auf jeden Fall habe ich eine ziemlich ungemütliche Nacht und bin froh, am
nächsten Tag gemütlich nach Ulaan Bataar fahren zu können.
Die Schweden waren bereits früher aufgebrochen als wir,
trotzdem treffen wir sie im Laufe des Nachmittags wieder am Straßenrand. Wir
unterhalten uns kurz, und als wir weiter wollen, springt die Enfield mal wieder
nicht an. Nico und ich schieben das Ding die Straße rauf und runter, die
Schweden verdrücken sich währenddessen klammheimlich. Schlechter Stil, uns
einfach so stehen zu lassen, wenn ein Moped nicht funktioniert!
Kurz vor der Stadt ist eine riesen Baustelle, weshalb der
ganze Verkehr außen rum über eine Schlammpiste fahren muss. Hier finden wir
auch die Schweden wieder, die genausowenig weiterkommen wie wir. Einige
offensichtlich Ortskundige Autofahrer drehen schließlich um und biegen auf eine
ganz akzeptable Schotterpiste ein, die durch die ärmlichen Randgebiete der
Stadt Richtung Zentrum führt. Glücklicherweise ist die Straße in meinem GPS
verzeichnet, und so finde ich problemlos den Weg ins Zentrum und auf die
Hauptstraße. Die Schweden hängen sich an uns dran, doch im Verkehrschaos von
Ulaan Bataar bleiben sie manchmal zurück. Als ich wieder einmal kurz warte, bis
ich alle im Rückspiegel sehen kann, brettert der Schwede plötzlich vor, bremst
neben mir ab und schnauzt mich an, wieso ich denn so schnell fahren würde! Wir
wären schließlich eine Vierergruppe, ich solle gefälligst auf sie warten! Ach
so, wir sind auf einmal eine Gruppe? Uns erst stehen lassen und dann Hilfe
wollen, weil man kein eigenes GPS hat… klasse! Ich habe jedoch keine Lust auf
streiten und gelobe Besserung. Mein Versprechen einlösen muss ich allerdings
nicht, da die beiden sofort zu einem Hotel am Straßenrand abbiegen. Sie
verabschieden sich nicht.
Wir fahren noch ein paar Meter weiter und suchen das Golden
Gobi Guesthouse, neben dem unsere Couchsurferin wohnen soll. Leider verzettle
ich mich ziemlich im Einbahnstraßenchaos und so beschließen wir, erst mal
anzuhalten und über Skype bei ihr anzurufen, um zu sehen ob sie überhaupt zu
Hause ist. Daniel zieht mit dem Netbook los, um ein WLAN zu finden und kommt
wenig später mit einer Kellnerin im Schlepptau zurück, die zu unserer
Überraschung deutsch spricht. Er hatte Marissa, unsere Couchsurferin, über das
WLAN eines Restaurants erreicht und die Kellnerin hatte gemerkt, dass er
Deutscher ist. Sie erklärt uns den Weg und wir kommen zu Marissas Haus, wo wir
uns und unseren Gepäckberg im Wohnzimmer einquartieren.
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